Thailand: Bergwelten und Großstadt-Chaos

Liebe Leser,

Vor wenigen Tagen kehrte ich von einer Reise zurück, die ich relativ spontan angetreten hatte. Ich war in Thailand und ein weiteres Mal in den Philippinen. Insgesamt vier Wochen lang bin ich mit J durch die beiden südostasiatischen Länder gereist.

In den Philippinen verbrachte ich dieses Jahr schon 12 Wochen. Von Februar bis Mai drehte ich auf den Inseln Luzon, Bohol und Palawan mehrere Folgen für die ARTE-Serie „Entdeckung der Welt“. Davon hatte ich ja im letzten Artikel berichtet. Währenddessen hatte ich mich auch mehrmals mit J getroffen, die ich schon bei meiner ersten Philippinen-Reise im Jahr 2022 kennenlernen durfte. Zurück in Deutschland begann ohne Pause die Postproduktion. Ich schnitt zwei der Filme, ich schrieb die Texte, kümmerte mich um viele Produktionsbelange. Es waren hektische acht Wochen, bis die Filme fertig waren. Während dieser Zeit war ich mit J in Kontakt geblieben und wir entschieden, ein weiteres Mal zusammen zu reisen. Kaum waren die Filme abgegeben, flog ich zurück nach Manila. Dort blieben wir nur vier Tage, dann ging es gemeinsam nach Thailand. J kennt Thailand schon recht gut, für mich war es aber das erste Mal hier.

Ehrlich gesagt hatte ich überhaupt keine Pläne. Ich wollte mich mit J treffen und darauf freute ich mich sehr. Was es im Land selbst zu sehen geben würde, spielte für mich eine untergeordnete Rolle. Außerdem fühlte ich mich erschöpft von den drei Monaten aufwendigen Drehs und den anschließenden zwei Wochen der Postproduktion. Viele Wochenenden hatte ich durchgearbeitet. Die meisten Tage gingen zehn Stunden oder länger. Deshalb war nun der Plan, entspannt zu reisen, ein paar Dinge anzuschauen – aber auf keinen Fall in Hektik zu geraten. Tagsüber musste J auch oft arbeiten, sie hat ja einen Job im Homeoffice, den sie also auch während unserer Reise ausüben konnte. Deshalb zog ich vormittags manchmal alleine los, an einigen Tagen konnte sie sich aber auch freinehmen.

Die Thailandreise hatte vier Abschnitte. Zuerst waren wir einige Tage lang in Bangkok, der Hauptstadt des Landes. Dann verbrachten wir zwei Tage in Lopburi, einer kleinen Stadt im Zentrum von Thailand. Anschließend reisten wir in den hohen Norden, wo wir in Chiang Mai eine Basis hatten und von da aus mit dem Motorrad über 1000 Kilometer weit durch die Berge fuhren. Die letzten Tage verbrachten wir wieder in Bangkok.

Bangkok: eine moderne, kulturelle und sündige Stadt

Ich weiß noch genau, wie wir weit nach Mitternacht im Taxi saßen. Vom Flughafen Bangkok-Don Mueang, dem kleineren Airport im Norden der Stadt, fuhren wir nach Bang Rak, unserer neuen Heimat im Zentrum der Stadt. Wir kamen gerade aus Manila und der Unterschied der beiden Städte war größer als ich erwartet hatte. Die Straßen waren eben, es gab keinen Stau. Und die Häuser sahen gepflegter und geordneter aus. Das bunte Chaos der philippinischen Hauptstadt war hier nicht ganz so stark vertreten. Stattdessen erblickten wir glitzernde Hochhäuser, dazwischen riesige Werbebanner im schwarzen Nachthimmel. Das dunkle Bangkok wirkte auf den ersten Blick modern und aufgeräumt, gleichzeitig erinnerte es mich ein wenig an die kühle Großstadtkulisse von Blade Runner. So der erste Eindruck. Dann aber kamen wir im Hotel an und machten uns zu Fuß auf die Suche nach Essen. Und plötzlich fand ich dann doch das gewohnte, bunte Chaos wieder. Trotzdem, die Stadt wirkte sauberer und aufgeräumter als Manila. Eine gute Mischung.  Ich fühlte mich sofort wohl.

Das Hotel war einfach, aber in Ordnung. Es lag sehr zentral in der Stadt. Direkt nebendran fließt der Fluss Chao Praya, der das Stadtbild ähnlich charakteristisch prägt wie die Spree in Berlin oder die Elbe in meiner Heimatstadt Dresden. Für rund 50 Cent kann man hier mit einer Fähre durch die ganze Stadt fahren. In der Nähe gab es auch eine Bahn-Station. Bangkok hat ein zimlich gutes Netz an Zügen und U-Bahnen.

Jeden Tag schauten wir uns irgendetwas in Bangkok an. J kennt die Stadt ja recht gut und führte mich zu den Orten, die sie mag oder für interessant hielt. Das waren zum einen ein paar Tempel, was mir direkt am Anfang der Reise eine gute Einführung in die buddhistische Kultur des Königreiches gab. Typisch für die Thailändischen Tempel ist der liegende Buddha. Überall findet man diese typische Statue, die Buddha während seiner letzten Krankheit darstellt, kurz vor Buddhas Eintritt ins Nirwana. Die besondere Bedeutung des Momentes liegt in seinem endgültigen Austritt aus dem Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt. Im Wat Pho Tempel ist eine solche Buddha-Statue: 46 Meter lang, 15 Meter hoch und vollständig vergoldet. Sie ist in ein Haus gepresst, das kaum groß genug ist, das gigantische Monument zu umhüllen. Die gesamte Tempelanlage ist sehr schön. Viele verschiedene Tempel liegen Seite an Seite und formen verwinkelte Gassen wie in einem kleinen Dorf. Direkt daneben befindet sich der Große Palast, der Grand Palace. Es ist die ehemalige königliche Residenz. Auch hier können Besucher hinein.

Einen weiteren Tempel besuchten wir am nächsten Tag: Der Wat Sampran liegt am Rande der Stadt und ist touristisch kaum bekannt. Und das, obwohl er ein ganz besonderer Tempel ist. Der 80 Meter hohe Tempel-Turm wird von einem riesigen Drachen umschlungen, dessen Kopf auf dem Turm ruht. Will man hinauf, so läuft man durch den Körper des Drachens. Man kann den hohlen Drachen kurz vor seiner Schwanzspitze betreten und durch den langen Tunnel spiralförmig nach oben wandern. Am Hals des Ungeheuers befindet sich der Ausgang. Oben angekommen steht man unter dem Kopf des Drachens, der so riesig ist, dass ich ihn wohl nur mit einer Drohne hätte fotografieren können. Umgeben ist der Tempel von einem hübschen Park.

Neben diesen kulturellen bzw. religiösen Einblicken verbrachten wir auch viel Zeit damit, einfach durch die Stadt zu ziehen. Es gibt riesige Märkte, auf denen ich mir für wenige Euros T-Shirts, Hosen und Tank Tops kaufte. Es gibt fantastisches Essen und speziell dafür auch ganze Streetfoodmärkte, auf denen wir uns stundenlang bewegten. Ich probierte mich durch die thailändische Küche, die sehr vielseitig ist. Besonders spannend ist eine Art Salat mit lebendigen Shrimps, die wild im Mund herumspringen, wenn man sie isst. Die Stadt ist kontrastreich: Große Häuser ragen in den Himmel, doch dazwischen liegen urige Dörfer mit winzigen Gassen, kleinen Häuschen und Gärten. Von edlen und schicken Boulevards stolpert man in unübersichtliche Seitenstraßen. Besonders beeindruckend ist auch die Chinatown. Nirgendwo habe ich so enge Märkte gesehen, wie hier.

Ein Stück außerhalb der Stadt liegt der Mae Klong Markt. Hier hat man irgendwann eine Eisenbahnlinie mitten durch einen Markt gebaut, doch die Händler sind geblieben. Mehrmals am Tag bahnt sich der alte Zug seinen Weg durch das Viertel. Dann klappen die Händler ihre Dächer zur Seite, ziehen die Waren zurück und zeigen den unbeholfenen Touristen, wo sie stehen können, um nicht überfahren zu werden.

Des Nachts zeigt Bangkok eine andere Seite. In einigen Ecken der Stadt sind Erotik-Shows und Prostitution weit verbreitet. So auch in unserem Viertel Bang Rak. Dort gibt es eine große Straße mit einem Nightmarket, wo man Essen und billigen Ramsch kaufen kann. Des Nachts öffnen sich die Fassaden am Rande des Markts und geben den Blick frei auf hunderte nackte Körper, die auf Bühnen tanzen. Die Thailänderinnen führen hier die berühmt-berüchtigten Ping Pong Shows auf. In Scharen strömen Touristen herbei, um für kleines Geld in die Erotik-Tempel einzutauchen. Ein seltsames Bild spielt sich auf diesem Markt ab. Man sieht die ein oder andere Familie mit Kindern, die auf dem Markt ihr Abendessen verzehrt und direkt daneben liegen die besagten Etablissements. Ein Stück weiter, am Nana Plaza, liegen noch viel größere Erotik-Clubs, vor denen dutzende Stripperinen und Prostituierte warten, um die vorbeilaufende Kundschaft in ihre Läden zu locken. Weil wir aber zu zweit hier entlangliefen, waren wir wohl nicht Teil der Zielgruppe der geübten Augen am Straßenrand. Es ist schon beeindruckend, wie offen und unversteckt diese Dinge Teil des Bangkoker Stadtbilds sind. Und, beim Besuch der jeweiligen Straßen wird klar, dass es viele Touristen genau deswegen nach Thailand zieht.

Bangkok ist insgesamt eine tolle Stadt! Sie vereint das asiatische Chaos, das ich so gerne mag, mit einer gewissen Ordnung und Sauberkeit. Es gibt unendlich viel zu entdecken. Doch es war sehr heiß und nicht selten kam ich durchgeschwitzt ins Hotel. Auch deshalb entschieden wir nach wenigen Tagen, in den Norden aufzubrechen.

Lopburi: Eine Stadt in den Händen der Affen

Mit dem Zug fuhren wir aus der thailändischen Hauptstadt heraus. Nach rund vier Stunden erreichten wir Lopburi. J hatte von dem Ort noch nichts gehört, doch ein Ausflug hierher wurde mir von Ruben empfohlen. Er ist schon vor einigen Jahren nach Thailand ausgewandert, hatte aber mit mir zusammen studiert und wir sind in Kontakt geblieben. Er erzählte mir von den rund 6000 Makaken, die in der Stadt Lopburi leben. Die Tiere hatten sich wohl anfangs auf dem Gelände eines Tempels angesiedelt und dann immer stärker vermehrt, sodass nun einige Straßen fest in ihrer Hand seien und die Anwohner umzogen. Das wollte ich mir ansehen, obwohl ich mich auch vor den Tieren fürchte. In Indonesien und auch in den Philippinen wurde ich bereits von Langschwanz-Makaken attackiert und bin beide Male nur knapp ernsten Bisswunden entgangen. Die Tiere sind schlau und skrupellos. Wir erreichten die Stadt mitten in der Nacht und alle Affen schliefen bereits. Unbehelligt kamen wir im Hotel an.

Am Morgen begab ich mich erstmal allein in die Stadt. J musste arbeiten und ich wollte vorsichtig die Lage checken. Ich näherte mich also dem Affen-Tempel und schon von weitem sah ich ein paar Affen, die über die Straße flitzten und über ein paar Autos sprangen. Dann wurde es unübersichtlich. Eine Gruppe von Affen stürmte auf einen Obststand zu und wollte ihn offensichtlich ausrauben, doch die Frauen schlugen ihnen mit einem Eimer auf die Köpfe und hatten offensichtlich auch Steinschleudern. Jedenfalls nahmen die Tiere Reißaus. Der Obststand offenbarte sich mir also als sichere Burg in der Affenstadt und ich stellte mich zu den Händlerinnen unter den Sonnenschirm. Eine der anwesenden Frauen sprach sogar englisch, weil sie wohl als 17-Jährige ohne Visum durch Europa transportiert wurde, und in verschiedenen Städten – auch in Hamburg und Berlin – „sexy dances“ vorführte. Nun wartete sie den ganzen Tag unter dem Sonnenschirm auf Kunden, die sie bezahlen, damit sie im Tempel für Buddha tanzt. Der würde dann die Gebete erhören. Nicht alle ihre Erklärungen haben mir eingeleuchtet, aber der Buddha von Lopburi habe wohl vier Arme, von denen er stets einen verliert, wenn es besonders aufwendige Gebete zu erfüllen gibt. Die Tänzerin hat wohl schon zweimal militärische Angriffe auf die Stadt weggebetet, sodass der Buddha hier nur noch zwei Arme hat. Leider kenne ich mich im Buddhismus zu wenig aus, um einzuschätzen, ob ich sie richtig verstanden habe. Jedenfalls glaube ich nicht, dass die Vorstellung von einem Buddha, der Arme verliert, weit verbreitet ist.

Sie berichtete mir auch, dass seit Anfang des Jahres über 1000 Affen eingefangen und in große Käfige vor der Stadt transportiert wurden. Die Lage entspannt sich ein wenig, auch durch eine neugegründete Polizei-Task Force, die speziell die Affen ins Visier nimmt. Auch sie sind mit Steinschleudern bewaffnet. Ironischerweise aber haben erst vor kurzem 30 Affen die Polizeistation überfallen, nachdem sie aus den Käfigen ausgebrochen waren. Mein Unbehagen war mir wohl anzusehen, denn die Tänzerin schenkte mir eine Steinschleuder. Jeder Mensch hier ist mit einer solchen bewaffnet und ich sah einige Leute, die Steine auf die Kletterer schossen, um sich vor ihnen zu retten. Ich fühlte mich ein wenig sicherer, wartete aber noch auf J, und zusammen wagten wir uns ins besetze Gebiet. Und überraschenderweise waren die Affen recht friedlich. Sie dösten in der Mittagssonne oder lausten sich. Wir sahen sicher einige hundert Tiere, vor allem auf dem Gelände des Prang Sam Yot Tempels. Man kann sogar in den Tempel hinein, dessen Türen wiederum vergittert sind. J hatte Snacks dabei, und fütterte die Affen durch die Gitter, sicher vor ihnen geschützt. Soweit, so gut. Wir verließen den Tempel und ich begann draußen zu fotografieren. Ein Affe sprang mir auf die Schulter, biß leicht in sie hinein und flüchtete, als J drohend einen Bambusstab hob. Die bekommt man am Eingang des Tempels. Ein kleiner Affe hielt sich nun an ihrem Stock fest. Sie wollte mit ihm spielen und begann, den Affen im Kreis zu schleudern. Ich glaube, dass er das nicht lustig fand; jedenfalls kreisten uns nun die größeren Affen ein, um das Kind zu retten. Die Zähne gefletscht, stand der Angriff unmittelbar bevor. Ich zog die Steinschleuder und zielte. Kampflos würden wir uns nicht ergeben. Und tatsächlich, die Tiere erkannten die Waffe und flohen vor uns. Diese Situation – kleiner Affe auf Stock, große Affen wollen ihn retten – ereignete sich zweimal. Wir verließen also den Tempel und gingen die Straße hinunter, wo es uns sicherer schien. Nun, am Nachmittag, erwachten die Affen wohl aus ihrem Mittagsschlaf. Man konnte beobachten, wie sie die Fassaden der Wohnhäuser hinaufkletterten, um zu schauen, wo sie einbrechen können. Einmal fuhr der Zug durch und die Affen plünderten die Ladeflächen der Pick-Ups, die sich vor der Schranke reihten. Ein Affe riss die Gummidichtung einer Frontscheibe heraus, ein anderer wollte sich durch ein heruntergelassenes Autofenster zwängen. An der Ecke posierte ein Ladenbesitzer mit einem Luftgewehr, um auf die Affen zu schießen, wenn sie seinem Geschäft zu Nahe kommen würden. Es ist wohl eine Hassliebe – die Affen machen ein normales Leben schwierig, aber sie bringen auch Touristen in die Stadt. Deshalb veranstalten die Bewohner jedes Jahr das „Monkey Buffet Festival“, wo sie den Tieren Unmengen an Früchten, Gemüse und Reis übergeben.

Abseits der Affen ist der Ort gemütlich. Es gibt einen fantastischen Streetfood-Nightmarket. Den besten, den wir bisher irgendwo gefunden haben. Außerdem gibt es einen sehr alten, leicht verfallenen Tempel ohne Affen. Für einen Tag mieteten wir auch ein Moped und fuhren rund zwei Stunden gen Osten. Dort liegt auf einer steilen Klippe der Aussichtspunkt Khao Phraya Doenthong, von dem aus man einen beeindruckenden Blick über das Tiefland hat.

Nach zwei Tagen verließen wir den kuriosen Ort im Zentrum von Thailand: Von Lopburi fuhren wir die ganze Nacht hindurch, elf Stunden lang, ins 600 Kilometer weit entfernte Chiang Mai. Leider waren wir für ein Bett im Schlafabteil zu spät dran, also blieben uns nur die Bänke in der dritten Klasse.

Chiang Mai: das kulturelle Zentrum im nordthailändischen Bergland

Die Stadt Chiang Mai wirkt gleich auf den ersten Blick einladend. Man merkt, dass es hier ruhiger zugeht, als in Bangkok, aber trotzdem gibt es alles, was man für ein gutes Leben braucht. Bunte Märkte, leckeres Essen, lebhafte Viertel, aber auch ruhige Seitenstraßen – dazu ist es hier weniger heiß. Viele Touristen oder Auswanderer verbringen hier die warme Jahreszeit. Nach den turbulenten letzten Tagen entschleunigten wir ein wenig. J arbeitete und ich erkundete die Stadt. Wir holten Schlaf nach und gingen zu Massagen. Ich schaute mir ein paar weitere Tempel an, wobei man sagen muss, dass die sich oft ähneln und mein Interesse an ihnen langsam abflachte. Interessanter fand ich die alte Stadtmauer, wo hunderte Tauben sitzen. Einheimische füttern die und verdienen ihr Geld, indem sie Fotos von Touristen machen. Das ist Teamarbeit: einer hält das Handy, die zweite Person scheucht die Tauben zum Beispiel mit einem Besen auf, damit sie für das perfekte Foto rund um die fotografierte Person flattern.

In Chiang Mai hatten wir jeweils ein paar ruhige Tage, nutzen die Stadt aber vor allem als Ausgangspunkt für zwei mehrtägige Rundreisen mit dem Moped durch die Berge. Mit kleinem Gepäck fuhren wir einmal nach Westen, über Pai und Mae Hong Son, sowie einmal Richtung Osten durch Phayao und Chiang Rai. Beide Touren sind wirklich schön.

Im Prinzip fährt man den ganzen Tag auf recht gut ausgebauten Straßen durch die Berge und hin und wieder trifft man auf kleine Ortschaften. Das ist der wesentliche Unterschied zu den philippinischen Motorradreisen, denn dort sind die Straßen schlechter, doch man kommt durch viel mehr bunte Orte. Hier hingegen ist man meist von Natur umgeben. Unterwegs gibt es viel zu sehen. So zum einen natürlich wunderschöne Ausblicke über eine weite Berglandschaft. Oft unterbrachen wir die Fahrt, um uns an der Natur sattzusehen. Manchmal unterbrachen wir sie auch, weil sich plötzlicher Platzregen über uns ergoss. Es war Regenzeit, doch die Regenfälle oft nach kurzer Zeit vorbei.

In der Nähe von Pai wanderten wir durch die Schluchten des Kong Lan, auch Pai Canyon genannt. Es ist ein bis zu 70 Meter hohes Fels-Plateau, allerdings hat der Regen tiefe Schluchten in den weichen Sandstein gegraben. Zurückgeblieben ist ein Skelett aus einigen hohen Felskämmen und abschüssigen Klippen.

Am selben Tag entdeckten wir auch durch Zufall den Erotic Garden. Hier hat eine Künstlerin verschiedene erotische Skulpturen gesammelt und in einem kleinen Park mitten in einem unauffälligen Bauerndorf zusammengestellt. Es handelt sich nach eigener Aussage um den einzigen erotischen Garten in ganz Südostasien. Prüfen kann ich das natürlich nicht, das Konzept war mir aber bislang unbekannt.

Besonders spannend für mich war ein Besuch in der Nam Lod Höhle. Ein einheimischer Guide führte uns mehrere hundert Meter tief in die dunkle Tropfsteinhöhle. In den Spalten an den Wänden schliefen kleine Schlangen, die sich wohl von den Fledermäusen in der Höhle ernähren und nie das Tageslicht sehen. In der Höhle fließt ein Fluss. Am Höhlenausgang war gerade ein großer Fischschwarm versammelt, der von einer besuchenden Schulklasse gefüttert wurde. Ansonsten war die Höhle aber nicht besonders stark besucht. In der Nähe entdeckten wir per Zufall einen Wasserfall mitten im Wald, der zum Baden einlud.

Weiter ging es durch die Berge. Immer steiler wurden die Straßen und immer kälter der Wind. Zum Abschluss der ersten Rundreise erreichten wir den Doi Inthanon Nationalpark. Dort gibt es einige riesige Wasserfälle. Der wörtliche Höhepunkt im Nationalpark ist jedoch ein Besuch auf dem Gipfel des Doi Inthanon. Es ist mit 2565 Metern der höchste Berg in Thailand. Sogar hier hinauf führte eine gute Straße, allerdings fuhr unser Moped kaum schneller als 30 km/h, als wir uns die steilen Serpentinen hinaufquälten. Für gut eine halbe Stunde waren wir inmitten dichter Regenwolken. Der Nationalpark liegt so weit oben, dass man quasi in den Wolkenkörper hineinfährt. Oben angekommen wärmten wir uns mit einer Nudelsuppe auf, die wir in der hier liegenden Militärstation kauften. Dann machten wir uns auf den Weg durch den tropischen Bergwald. Ein wunderschöner Holzweg führt durch den dichten Regenwald. Im Zwielicht des Wolkennebels sieht der Wald einfach toll aus. Ein paar Treppenstufen führen zum Gipfel des Berges, wo ein kleiner Schrein den höchsten Punkt des Landes markiert. Eine Tafel am Rande weißt den aufmerksamen Besucher darauf hin, dass er sich nun auf 2565 Metern Höhe befindet. J war schrecklich durchgefroren und zog alles an, was wir an Kleidung auffinden konnten, sogar eine Maske, die manchmal in Bangkok wegen der Luftverschmutzung zum Einsatz kommt. Ich glaube, dass der Ausflug hier hoch für sie eine Qual war, ich persönlich fand den Bergregenwald trotz Kälte und Nässe aber sehr beeindruckend.

Unsere Tour durch den Osten dauerte nur drei Tage an. Hier gab es weniger konkrete Ausflüge, denn unser eigentliches Ziel, der Doi Luang Nationalpark, ist überraschenderweise das ganze Jahr über geschlossen. Stattdessen hielten wir mal hier und mal da, erkundeten die Gegend in aller Ruhe und gewannen einen guten Einblick in das Leben der Bergbewohner. Wir fuhren durch weite Felder und ernteten Obst. Wir besuchten Märkte. Wir versuchten einen See zu umrunden, an dessen Ufern Lotus als Nahrungsmittel angebaut wurde. Allerdings blieb das Moped im Schlamm stecken und es dauerte fast eine Stunde, die Schlammmassen aus dem Moped herauszugraben. Unterwegs entdeckten wir auch einen sehr kuriosen Tempel, der deutlich bunter und verrückter war, als wir es sonst gewöhnt sind. Dieser Ausflug gefiel mir gut. Die Städte hier im Nord-Osten sind absolut untouristisch und sehr entspannt. Es gibt viel Wasser, was ich mag, und mal wieder fanden wir auch wirklich gutes Essen unterwegs. Wie in der Vergangenheit haben wir diese Art des Reisens sehr genossen. Mit dem Motorrad ist man so flexibel, kann überall hinfahren und jederzeit anhalten. Sehr schön.

Unterwegs haben wir immer in schönen, aber günstigen Hotels übernachtet. Anschließend verbrachten wir noch einen Tag in Chiang Mai, bevor wir mit dem Zug nach Bangkok fuhren. Diesmal hatten wir rechtzeitig gebucht und zwei Plätze im Schlafwagen bekommen. Man sitzt sich gegenüber, doch zum Abend klappt der Schaffner die Stühle um. Sie verwandeln sich in ein Bett. Ein zweites Bett klappt er aus der Decke herunter. Danach zieht er saubere Bettlaken auf, packt Kissen und Decken in die Bezüge und schon hat man ein wirklich gutes und sehr sauberes, wenngleich schmales Bett. Man kann einen Vorhang zuziehen und ist dann ungestört. Wir zwängten uns in das untere der beiden Betten, während wir im oberen das Gepäck verstauten, und hatten tatsächlich ein paar gute Stunden Schlaf. Die Reise erinnerte mich an die zwei Nächte in der Autofähre von Palawan nach Malia. Das ist eine meiner liebsten Erinnerungen auf den Philippinen.

Ein Abschied: Mal wieder

Angekommen in Bangkok stellte sich das Gefühl ein, dass die Reise nun enden würde. Es machte mir diesmal nichts aus, das Land zu verlassen. Ich hatte die Reise und alle Erlebnisse zwar genossen, doch inzwischen fällt es mir nicht mehr schwer, ein Land zu verlassen, weil ich weiß, dass ich beruflich oder privat schon bald wieder unterwegs sein werde. Auch der Abschied von J fühlte sich fern an, weil sie noch mit mir zusammen nach Deutschland fliegen würde.

Wir reisten also gemeinsam nach Berlin, wo sie drei Tage blieb. Danach brach sie zu einer Europareise mit Aufenthalten in Polen und Frankreich auf. Und die Zeit in Berlin verging wie im Flug. Ich zeigte ihr einige Sehenswürdigkeiten: den Bundestag von innen, den Aussichtspunkt im Fernsehturm, die Berliner Mauer und den Spreewald. Doch die drei Tage gingen so unglaublich schnell vorbei, und dann standen wir mal wieder da, um uns zu verabschieden. Diesmal war es ein Flixbus, in den sie stieg und der sie nach Krakau brachte. Ich blieb nachdenklich zurück. Wir hatten wieder eine sehr schöne gemeinsame Reise erlebt. Dass man sich am Ende schweren Herzens verabschieden würde, war abzusehen. Ich bin trotzdem sehr glücklich, über die erneute gemeinsame Zeit und die vielen Erlebnisse. Es war gut, sich wieder zu treffen.

Nun bin ich zurück und arbeite seit einer Woche an einem Filmprojekt für das ZDF. Doch ich fühle mich ein wenig unstet und schon jetzt zieht es mich wieder in die Ferne. Mal sehen, wie lang ich noch hierbleiben werde.

Liebe Grüße
Jonas

1 Antwort

  1. G. Kafka sagt:

    Lieber Jonas, danke, dass du mich auf so eine schöne Reise mitgenommen hast. Habe es genossen, wenn auch nur in Gedanken dabei sein zu dürfen.
    Deine Fotos sind sehr inspirierend.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert